Dies war das perfekte Schlagzeilenfutter für diverse Gazetten: Keith Richards prügelte verbal auf Mick Jagger ein, und der keifte öffentlich ebenso derb zurück. Es schien das Ende der dienstältesten Rockband der Welt zu sein. Doch die 'Glimmer Twins' rauften sich wieder zusammen, rollten 1989 auf Steel Wheels frisch erstarkt wie Phönix aus der Asche auf globale Triumph-Tour. Als Ur-Mitglied Bill Wyman zwischenzeitlich ausstieg, kochte nochmal kurz die Existenzfrage hoch. Doch sie hatten offensichtlich wieder Blut geleckt, auf den Bühnen frische Energie getankt: Nach dem energiegeladenen Live-Intermezzo Flashpoint bestätigte 1994 Voodoo Lounge, daß mit den betagten Rock-Recken nach wie vor zu rechnen ist. Dabei bezogen sie sich erstaunlich stark auf eigene Stilvorlagen aus den frühen Siebzigern. Die kantig-bluesige und gleichwohl eingängige Hymne an die Liebe, "Love Is Strong", mauserte sich zum Radio-Favoriten, die klassisch-harschen Riffs des stürmischen Rockers "You Got Me Rocking" oder von "I Go Wild" bedienten gezielt ihre Stammklientel, und das inspirierte "Sparks Will Fly" zeigte einmal mehr, daß Jagger und Richards in ihrem stilistischen Rahmen immer noch Neues zutage fördern konnten. Und Keith nölt gar nicht mal so übel zur Akustikgitarre über "The Worst". Ein spannendes, reifes Spätwerk (auch wenn Voodoo Lounge bei 15 Stücken und 62 Minuten Spielzeit einige Längen hat. --Claus Böhm |