ID 245
Künstler Dylan, Bob
Jahr 1997
Medium Compact Disc
Format
Herausgeber Columbia
Autor
Gattung
Titel
Titel / Künstler Länge
01 Love Sick
02 Dirt Road Blues
03 Standing in the Doorway
04 Million Miles
05 Tryin' to Get to Heaven
06 'Til I Fell in Love with You
07 Not Dark Yet
08 Cold Irons Bound
09 Make You Feel My Love
10 Can't Wait
11 Highlands
Privat
Bewertung 4 stars
Kommentare

nachts in der Bar..., Michael Schäfer

Nachdem Bob Dylan für längere Zeit keine wirklichen Studiohighlights mehr setzen konnte, veröffentlichte er 1997 den Songzyklus "Time out of mind", welcher zugleich von der Kritik in den Himmel gehoben wurde - und das zurecht.
Diese CD enthält 11 Songs mit gespenstischer Atmosphäre.
Die Produktion unterstützt diesen Eindruck bewusst, auffälligstes Merkmal der Instrumentierung ist der Einsatz einer düster klingenden Orgel. Die Rhythmusabteilung untermalt dezent die meist gitarren- oder klavierlastigen Stücke.
Dylan's mal wieder unheimlich kratzige, rauchige Stimme trägt natürlich enorm zum vorher geschilderten Eindruck bei.
Man stellt sich das lyrische Ich in den meisten Songs als dunkle Gestalt vor, die nachts über verflossene Liebschaften und den Sinn des Lebens grübelnd von Pub zu Pub tingelt.
Paradebeispiele für diese Stimmung sind der Opener "Love sick", der durch stakkatoartiges Orgelspiel und ein sehr überraschendes, wenn auch kurzes Gitarren-Riff auffällt,
der in diesem Zusammenhang ungewöhnlich in Szene gesetzte "Dirt road blues" sowie das wunderschöne nachdenkliche "Standing in the doorway". Die klavierbetonten Songs "Tryin' to get to heaven" und "Make you feel my love" wirken zumindest in Bezug auf Sound und Melodieführung etwas massenkompatibler, bleiben damit jedoch Ausnahmen auf dieser Platte für close-listener.
Der unumstrittene Höhepunkt ist das zutiefst berührende "Not dark yet": Ein vom Text her äußerst leidender Dylan röhrt sich durch einen bittersüßen Folk-Rock-Song, der selbst durch Textzeilen wie "I was born here and I'll die here - against my will" und weitere, noch traurigere Zeilen nicht beklemmend wirkt, sondern lediglich zum Nachdenken und zum Schwärmen bezüglich der Musik anregt.
Ein weiteres, sehr auffälliges Stück ist "Highlands", ein scheinbar endloser, hypnotisierender Blues mit kurios-zusammenhanglos wirkenden lyrics.
Allgemein zeigt sich Dylan textlich weiterhin sehr mitteilungsbedürftig und begabt, jedoch weniger undurchdringlich und bedeutsam als zu seinen Hochzeiten beispielsweise in den 60ern. Seine Songs auf "Time out of mind" handeln von verflossenen Liebschaften und persönlichen Sinnkrisen.
Sie sind wörtlich zu nehmen und daher für Dylan-Verhältnisse sehr leicht zu verstehen, was dem Ganzen etwas die geheimnisvolle Stimmung nimmt, dafür aber noch mehr Identifikation mit dem Sänger ermöglicht.
"Time out of mind" ist ein Album, für das man sich viel Zeit nehmen muss und das man sich eigentlich nur nachts anhören kann, denn nur diese Tageszeit ist mit der düsteren Stimmung dieses hervorragenden Spätwerkes des Meisters Bob Dylan kompatibel.