Eine Ueberraschung : Tori Amos verstaendlich fuer alle
Die neue Platte hat mich wirklich erstaunt. Allerdings nicht des Konzeptes wegen. Die Reise von Scarlet durch die USA von West nach Ost ist eine nette Spielerei, der tiefere Sinn entschluesselt sich mir jedoch nicht. Viele Tracks haben in ihren Lyrics ueberhaupt keine geografische Beziehung. Die Platte ist nur in Spuren so politisch oder sozialkritisch, wie sie manche Kritiker gerne gehabt haetten. Aber seien wir mal ehrlich: Das ist doch ziemlich egal, oder ? Solange die Musik stimmt ... Und die stimmt diesmal wirklich. Man kann sich diesem Album nicht entziehen, die schoenen Melodien und stimmigen Begleitungen (ausser dem Boersendorfer diesmal viel Akustik (5,12) und E-(11,12) Gitarren und Percussion (2,9), die schon fast zu gut passen) sind so harmonisch wie eigentlich noch nie bei Tori Amos. Und genau darin liegt das Ueberaschende in diesem Album. Hatte sie doch eigentlich seit dem fantastischem Album "Boys For Pele" staendig versucht, in staendig neue Richtungen an ihre Grenzen zu gehen, kommt sie mit dem neuen Album in ihrer Mitte an und macht es dem Zuhoerer so einfach wie noch nie zuvor. Ich persoenlich mochte ihre Eskapaden. Wenn man so begabt ist, darf man ruhig auch mal in Kauf nehmen, von nicht allen verstanden zu werden. Nicht immer konnte ich mit ihren Alben was anfangen. Waehrend die Boys For Pele mich immer noch umhauen, kam ich mit ihren Strange Little Girls nicht zurecht. Manchen wird es andersherum gegangen sein. Was solls. Trotzdem: Auch so verstaendlich ist Tori Amos immer noch hoechste Qualitaet. Die Platte beweist, dass auch eingaenger Pop nicht banal sein muss. Im Gegensatz zu vielen anderen Kommentaren finde ich jedoch nicht, dass Tori Amos zu ihren Wurzeln zurueckkehrt. Das unschuldig/sexy Gesaeusel des ach so suessen Maedchens hinterm Fluegel (jetzt werd ich bitter: die Britney fuer Pseudointellektuelle) ist vorbei. Fuer mich klingt die neue Platte sehr abgeklaert und erwachsen. Wenn Tori Amos behauptet, das Jahr 2001 haette sich mit 9/11 und der Geburt ihres Kindes in diesem Album niedergeschlagen, so finde ich dies am ehesten in der Reife des Albums und dem Wunsch, etwas Verstaendliches, Verbindendes (auch fuer nicht eingefleischte Fans) abzuliefern. Ich habe mir einige Zeit gelassen, um das Album zu bewerten, aus Angst, die CD koennte aufgrund ihrer Eingaengigkeit beim haeufigen Hoeren nach und nach an Charme verlieren. Das ist ueberhaupt nicht der Fall. Manchmal wuensche ich mir zwar ein bisschen mehr musikalische Abwechslung, alle Tracks sind etwas mellow, die Stimme ist immer so rund und legato, aber letztendlich macht gerade das das Album aus - diese besonnene Reflexion. Ich bin sehr gespannt, ob Tori beim naechsten Mal wieder ausbricht ... |