Einige Zeit her, daß der Meister anständiges von sich hören ließ: Seine letzte erfolgreiche Platte Transformer erschien 1973, schlappe 17 Jahre vor New York. Trotzdem nimmt er den Mund ziemlich voll, schreibt uns sogar vor, wie wir sein Werk zu hören haben: Nämlich alle 14 Lieder am Stück, in einer Sitzung, als wär's ein Buch oder ein Film. Darf er das? Er darf, denn er ist Lou Reed, und seine Platte rockt. Das Album trägt nicht umsonst den Namen einer der aufregendsten Städte der Welt: Wie New York selbst strotzt es vor Energie, vor Kraft -- und vor Drogen, Haß und Gewalt. "You can't beat 2 Guitars, Drum, Bass" gibt er uns noch mit auf den 58-Minuten-langen Weg durch seine Musik, und auch damit behält er recht -- jedenfalls sind sie dann unschlagbar, wenn sie Lou Reeds lyrischen Sprechgesang begleiten sollen, seine Visionen, seinen Ärger, seine Realität. Selten war eine CD brutaler, direkter -- aber auch selten ehrlicher, aufregender, klarer, tiefer. New York erzählt von Straßenkindern, verkommenen politischen Machthabern und Vietnam-Veteranen. New York erzählt von der Hoffnung, dem Wunder der Geburt, wilden Rocker-Fantasien. New Yorkist arrogant und mächtig. New York ist nicht einfach. Aber was ist schon einfach. --Michael Ebert |