Songtitel wie "One White Duck/O 10 = Nothing At All" oder "Pig-Me And The Whore" sagen eigentlich schon alles: Diese Scheibe ist von leichtverdaulichen Mainstream-Klängen ungefähr so weit entfernt wie Oslo von Melbourne. Jethro Tull führen mit Minstrel In The Gallery (´75) kompromißlos jenen Weg fort, den sie in den Jahren zuvor mit teils recht obskuren (Konzept-)Alben wie Thick As A Brick, A Passion Play und War Child eingeschlagen haben. Kaum ein Part wird wiederholt, Abwechslung ist genauso Trumpf wie unzählige Breaks, abgedrehte Lyrics und der stets leicht größenwahnsinnige Balanceakt zwischen angenehmem Folk-Prog und völlig entrückten Experimentalparts. Ian Anderson versucht die Grenzen der Rockmusik zum wiederholten Male neu abzustecken, stolpert dabei allerdings auch schon mal über seine eigenen Ansprüche und die Tatsache, daß weniger manchmal einfach mehr ist. Nichtsdestotrotz bleibt Minstrel In The Gallery dank des hitverdächtigen Titelsongs und der Simon & Garfunkel-mäßigen Ruhepole "Requiem" und "One White Duck..." ein Album, das unterm Strich bei aller Vertracktheit etwas zugänglicher und harmonischer als o.g. Scheiben ist. --Michael Rensen |
