Ein Debütalbum, ein typisches. Mit Songmaterial, das Geschichten eines ganzen Lebens erzählt. Geschichten, die so intim sind, daß man beim Hören das Gefühl nicht los wird, unerlaubt im Tagebuch von Melissa Etheridge zu lesen. Das selbstbetitelte erste Werk der amerikanischen Sängerin ist zu einer Zeit erschienen, als Damen mit akustischen Gitarren und traurigen Geschichten gerade wieder mächtig angesagt waren -- 1987 boomten auch die Karrieren von Tracy Chapman und Toni Childs.
Aber keine der Musikerinnen hat sich ihrem Publikum so geöffnet wie Melissa Etheridge. Was wir da hören, ist vertonte Verzweiflung: Sie wurde also entliebt, verraten, betrogen und verlassen -- sie hat gekämpft, gelitten und geheult ... ach! Man kann sich erst nicht recht entscheiden, ob man nicht doch beeindruckt sein will von der Offenheit von Melissa Etheridge, zumal "Similar Features" oder "Like The Way I Do" echte Rocker sind. Aber am Ende liest man nur ein paar Seiten in diesem Tagebuch fasziniert, irgendwann klingt ihr begeistertes Suhlen in der eigenen Verzweiflung eher fad. Für Menschen mit heftigem Liebeskummer kann die Platte Rettung bedeuten: Ist doch gut zu wissen, daß es irgendwo auf dieser Welt einer anderen noch dreckiger ging. Für alle anderen? Hm.--Michael Ebert |
