Living In The Past ist das denkbar passendste Etikett für die britischen Rock-Mannen um den oft scheinbar schier atemlos trillernden Flötisten und Minne-Sänger Ian Anderson: Ihren Namen entlehnten sie vorgeblich vom Schreiber eines jahrhundertealten Buchs über das Beschlagen von Pferden, auf der Bühne bevorzugten sie in den Anfängen altertümliche Klamotten von anno dunnemals und speisten früher deutlich stärker als heute ihren Folk-Rock-Sound gern aus höfisch anmutenden, folkloristischen oder auch mal klassischen Quellen. So gelang den progressiven Rockern das Kunststück, neben einem klaren, skurrilen Image einen absolut unverwechselbaren Sound zu kreieren. Als 1972 die Best-Of-Kollektion Living In The Past erschien, zählten Jethro Tull nach Album-Rennern wie Stand Up, Aqualung und Thick As A Brick zu den Top-Stars im Rock-Zirkus. Also schien die Zeit reif für eine erste Zwischenbilanz, die deutlich substantieller ausfiel als spätere. Kombiniert aus Album-Tracks und einigen Live-Titeln, vermittelte Living In The Past das Beste aus beiden Tull-Welten: ihre feinfühligere Studioseite und die rockigen Bühnen-Derwische. Das Titelstück, "A Song For Jeffrey", das kammermusikalische Instrumental "Bourée", "Witches Promise" oder "Locomotive Breath", bis heute ein Radio-Favorit, sind charaktervolle Tull-Visitenkarten geblieben, die Top-Wahl für alle, die auf frühe Einzelalben verzichten wollen. --Claus Böhm-- |