ID 126
Künstler Bragg, Billy
Jahr 2002
Medium Compact Disc
Format
Herausgeber Cooking Vinyl
Autor
Gattung
Titel
Titel / Künstler Länge
01 St. Monday
02 Jane Allen
03 Distant Shore
04 England, Half English
05 Npwa
06 Some Days I See The Point
07 Baby Faroukh
08 Take Down The Union Jack
09 Another Kind Of Judy
10 He'll Go Down
11 Dreadbelly
12 Tears Of My Tracks
Privat
Bewertung 4 stars
Kommentare

Nach seinen Ausflügen in Woody Guthries Archiv und dem unspektakulären Reaching To The Converted ist der linke Romantiker mit dem wüsten Akzent wieder in seiner britischen Heimat gelandet. Und da zieht er vom Leder: Billy Bragg versteht sich auf das Lob des Malochers, der auch mal sein Wochenende braucht, setzt dem auch in England alltäglichen Rassismus mit dem Titeltrack einen Multikulti-Song entgegen oder schimpft über den IWF, dessen Mannschaft er am liebsten durch Freunde auswechseln würde. Und dann sind da wieder die Liebeslieder; der junge Vater Bragg dichtet, wie wichtig Kinder sind und verpackt die Themen mit seiner Band in passende Sounds. Der Malocher beginnt im Stechuhrschritt, dem Rassismus verpasst Bragg eine Salve Ska und wildes Getrommel, wobei er eine untergeschobene "very british melody" verspottet. Zu seinen Blokes zählen Experten aus der Nische Weltmusik und Rockmusiker mit Hit-Erfahrung. Kein Wunder also, dass England, Half English auch in musikalischer Hinsicht viele Überraschungen bietet und unterhaltsamer wirkt als Braggs Guthrie-Scheiben. --Uli Lemke
Aus der Amazon.de-Redaktion Es existieren zwei Seiten von Billy Bragg. Die eine ist die mit seiner Band The Blokes, souveränen, etwas hausbackenen Pub-Rockern, mit denen er auch English, Half English eingespielt hat. Dann ist da der Billy Bragg solo mit seiner Gitarre, der aufrechte, durch und durch positiv, global denkende Sozialist, der die Pausen zwischen seinen Songs stets zu Zwischenansagen nutzt. Dann erzählt er von Fußball, seinem Kind, großer und kleiner Politik, kommuniziert mit seinem Publikum und es ist immer ein großer Spaß -- so wie bei seinem kleinen Geheim-Gig in einem Hamburger Club, wo er unter anderem das 5:1 seines Team gegen die indisponierten Deutschen als kleine Sticheleien nutzte und prompt eine Retourkutsche bekam: Schaut dir eure WM-Gruppe an, Billy, das habt ihr von eurem Triumph!
Natürlich kam keine Sekunde stumpfe Gesinnung von Nationalismus auf, ein Thema, dass England, Half English über weite Strecke bestimmt. "Identität sollte sich auf die eigene Person beziehen und nicht das sein, was andere dir sagen", so der englische Sänger und Songwriter. Wenn er im von Ska angehauchten Titelsong "Oh my country, what a beautiful country you are" singt, dann ist diese aus einem algerischen Folk-Song adaptierte Zeile nicht als Ironie oder Nationalstolz zu verstehen, sondern als ehrliche Liebeserklärung an seine Heimat, ohne diese natürlich über irgend ein anderes Land zu stellen. Jetzt, wo das verknöcherte, leicht zu attackierende Feinbild Maggie Thatcher zum Glück verschwunden ist, warten neue Aufgaben wie Globalisierung oder perfides, immer undurchsichtigeres Gehabe von Großkonzernen.
Dass Billy Bragg seine Antworten, Anstöße und Anregungen in relativ klar strukturierte musikalische Formen gießt, liegt nicht nur an seinem Alter. Würde er experimentell Elektronik oder andere Formen abseitiger Klänge wählen, könnte kaum jemand seine Songs wahrnehmen. Er will in Pubs oder im Radio gespielt werden, damit ihm die zuhören, die auch Quelle seiner Lieder sind. Politisch korrekt dieses Platte. --Sven Niechziol