ID 193
Künstler Das Auge Gottes
Jahr 1995
Medium Compact Disc
Format + Bonus CD
Herausgeber Sony
Autor
Gattung
Titel
Titel / Künstler Länge
01 Kleines Leben
02 Blut Schweiss & Echte TrÄNen
03 Das Ding Das Durch Den Wind Geht
04 Woher Weisst Du Das
05 Gummitwist
06 Kleines Lied
07 Gut Drauf
08 Gibt Es Einen Gott Im Himmel
09 Frage Der Zeit
10 Ich Seh Das Was Du Nicht Siehst
11 Tut Mir Leid
12 Wunderbar
13 Kleiner Tod
Privat
Bewertung 4 stars
Erstellt am 2010-03-30
Geändert am 2010-03-30
Kommentare

"Während ich schlafe, wechselt Liebe ihre Farbe", so verkündet die Stimme und - unbeeindruckt der Unsinnigkeit - spricht die die Zeile auch noch äußerst prononciert aus, so daß aus "wäh-rend-ich" eine astreine Triole entsteht, und später: "Während ich schlafe, stürzen Rätsel und Visionen unaufhaltsam einem neuen Schicksal zu." Nicht etwa BLUMFELD spricht zu uns, dieser Spezialist, der Unfug und Manierismus auf ewig kongruent gemacht hat. Auch nicht Manne Praeker, ehemals Teilzeitsänger von SPLIFF, seibert ins Mikro, obwohl das unsägliche Timbre und die sperrige Sprachmelodie dies nahelegen. Nein, DAS AUGE GOTTES singt über "Das Kleine Leben", und daran gibt es nur zweierlei zu nörgeln: die uncharismatische Singstimme und textliche Manieriertheit der übelsten Sorte. Ansonsten hat die CD Platz eins in meiner Wohnzimmerhitparade für die nächsten Monate sicher. Dem AUGE GOTTES gelingt eine ganz erstaunliche Gratwanderung zwischen den Antagonismen Massenkompatibilität und Spartenspezifizierung. Gefällige HipHop-Grooves treffen auf Schweineorgel trifft auf Gitarre, die ihrerseits erdige Härte und Avantgardismen zu verquicken weiß. Samples werden kunstvoll einmontiert, Scratching gibt's auf die sparsame und geschmackvolle Tour. Oh ja, die Musiker können spielen und werden den dem Material innewohnenden thematischen Anforderungen durchaus gerecht. Musikpsychologisch erweckt die Platte gute Laune beim Rezipienten, obwohl DAS AUGE GOTTES insofern in der romantischen Tradition steht, als das Blasse, Kränkliche und Vergängliche seine künstlerische Aufwertung erfährt. Allein die low-fi Gitarrensounds sind in dieser Hinsicht symptomatisch. Eine moderne, urbane Platte. Wenn die Hälfte der Texte doch nur doppelt so gestelzt daherkäme wie dieser Absatz! Doch auch vokalistisch gibt es Lichtblicke, Lichtblicke, die z. B. für den unerträglich platten Beitrag zum Existentialismus-Diskurs in "Woher Weißt Du Das" (mit dieser Frage hat es sich denn auch) entschädigen. Zeilen wie "Gib-gib-gib-gibteseinengottimhimmel-gib-gib-gibgibt?" sind göttlich. Eure Platte in Gottes Ohr.

Boris Fust / Intro - Musik & so