Eine erfolgreiche Karriere hat er bereits hinter sich und geht mit der Veröffentlichung seines fünften Soloalbums „Both Sides" einen etwas anderen Weg. Selbst die Art und Weise wie er aufnahm ist diesmal anders. Er spielt wirklich alle Instrumente, schreibt das ganze Material im Alleingang, produziert und arrangiert alles selbst. Welcher Artist kann das schon. Nicht einmal Paul McCartney kam auf so eine ja beinahe verrückte Idee. Die Stimmung der Musik ist eher langsam und ruhig. Dieses Album hat, im Vergleich seinen anderen Alben, den größten Teil angereichert mit Balladen und nachdenklichen Songs. Und zu den textlichen Inhalten: Meist handeln sie von vergangener Liebe, Selbsterkenntnis, Nostalgie-Gedanken, Was-Wäre-Wenn, und nicht ganz unbeachtet sozialkritische Themen, hauptsächlich ernstere Gedanken. So sah es damals in Phil Collins' Gedankenwelt aus. Böse Zungen nennen diese Phase seine Midlife-Crisis. Er hat es satt gehabt, wie er selbst sagte, „Mr. Nice Guy" zu sein und mit jedem Lied vor Freude zu strahlen. Er hat der Welt versucht zu sagen, es gibt noch eine zweite Seite an mir, eben „Beide Seiten". Sein Wunsch war gewesen, die Anerkennung eines erstaunlichen Resultats. Leider blieb es ein Wunsch. „Both Sides" war kein Flop. Im Gegenteil. Besonders in Deutschland war es sehr erfolgreich. Aber in den USA blieb das Album weit hinter den Erwartungen zurück. Dieses Album trug dazu bei, Phil Collins gerade bei den jungen Konsumenten zu vergraulen. Er wurde in gewissen Kreisen mehr und mehr zu einer Karikatur seiner Selbst gestempelt. Es gab nun immer mehr Sender die mit dem Titel „Garantiert phil-collins-frei" warben. Die Kritiker erkannten kein neues Konzept. Alles sei irgendwie schon mal da gewesen. Trotz alledem muss man ihm dieses Album gestehen. Er hatte das Album nach eigenen Aussagen bitter nötig. Jeder muss sich mal etwas von der Seele reden (oder singen). Da Phil Collins sowieso der von den Kritikern am meisten gehasste Künstler ist, wundert es einem nicht, dass hier die Kritiker richtig loslegten. Sicher, wenn man sich Mühe gibt, nichts zu verstehen, klappt das auch meistens. Wichtig ist nur das seine Zuhörer verstanden, was er mit dem Album wollte und das „Both Sides" nicht nur Teil des Älterwerdens eines Künstlers ist, sondern dass auch seine Zuhörer eine Seite von ihm kennen lernen sollten, um ihn in Zukunft auch besser zu verstehen. Er hätte dieses Album auch für sich behalten können. Seien wir froh, dass er es nicht getan hat. |